Die unsichtbare soziale Mutter

Die unsichtbare soziale Mutter
"Mutter und Kind" in Form einer transparenten Epoxidharzfigur, angefertigt durch die Autorin zusammen mit ihrem Sohn

Worte eines biologischen Vaters über die soziale Mutter seines Sohnes:

Dankbarkeit und Ohnmacht empfinde ich am häufigsten, wenn es um meine Familie geht. Dankbarkeit für meine bezaubernde Ehefrau, die unserem Sohn seit seiner Geburt selbstlos und voller Hingabe eine Mutter ist. Ohnmacht aufgrund des unreflektierten Verhaltens dem meine Frau in diesem Kontext so häufig ausgesetzt ist: „Ach, Sie sind gar nicht die richtige Mutter, also ich meine die echte Mutter.", "Ein Kind hat nur eine einzige Mutter.", "Die Mutter-Kind Bindung ist etwas, das sich Väter und Stiefmütter garnicht vorstellen können", "Ich bin die einzig wahre Mutter".

Wenn es in Deutschland um Kinder geht ist der gesellschaftlicher Konsens: Väter zählen wenig, Stiefmütter zählen nichts. Ob auf dem Spielplatz, in der Kita, Schule, dem Sportverein, dem Jugendamt, der Elternberatung, den Therapeuten, ja sogar vor Gericht - wir haben überall die gleichen Erfahrungen gemacht: Die Rolle der biologischen Mutter wird ungeachtet ihres Verhaltens vollkommen überhöht. Ein Beispiel: Die biologische Mutter unseres Sohnes hat ihn geschlagen. Sie hat ihn schlagen lassen. Als er noch ein Säugling war schrie sie ihn Stirn an Stirn mehrmals am Tag mit hoch rotem Kopf an, so laut sie konnte. Bei der Elternberatung rief sie: "manche Kinder haben es einfach verdient geschlagen zu werden". Während des Lockdowns in der Covid-Pandemie fuhr sie mehrfach mit ihm in Risikogebiete ins Ausland. Über rechtliche Bestimmung setzte sie sich immer wieder hinweg. Wenn irgendwie möglich gibt sie unseren Sohn weg. Natürlich nur solange das keinen Effekt auf den Unterhalt hat. Die Liste könnte ewig so weiter geführt werden. Das Familiengericht findet trotz allem, dass unser Sohn tendenziell mehr bei der biologischen Mutter sein sollte - entgegen der Meinung der Elternberatung, des Jugendamtes und des Verfahrensbeistandes. 

Was für ein Glück, dass da von Anfang an auch die "unechte", die "falsche" Mutter war. Die Mutter, die bei der Familien-Mediation rausgeschickt wurde. Die Mutter, die vor Gericht nicht angehört, ja nicht einmal thematisiert wurde. Die Mutter die man laut Jugendamt "raushalten" soll. Die Mutter die laut städtischer Elternberatung "nicht relevant" ist. Die Mutter die in der Kita von der Kontaktliste gestrichen wurde. Eine Mutter bei der seit Jahren jede Woche damit konfrontiert wird, dass sie keine Mutter ist.

Was für ein Glück, dass sie mit viel Liebe, Ruhe, Aufmerksamkeit und Verständnis einen Ausgleich zur biologischen Mutter geschaffen hat. Windeln wechseln, zur Kita bringen, Trösten, Arztbesuche, Spielen, Vorlesen, Baden, Basteln, Toben, Kuscheln, Tanzen, Lernen, Erziehen, Abenteuer erleben - all das und mehr hat sie mit unserem Sohn gemacht, über Jahre. Abseits von mir hat sie als Dank dafür lediglich Abwertung, Kränkung und Schikane erhalten. 

W. B.

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